Dieser Beitrag ist mir ein wichtiges Anliegen. Unter Probestrickaufrufen beobachte ich immer häufiger, dass kurze Kommentare wie „Ich würde gern testen!“ oder von Rechtschreibfehlern durchflutete Lebensgeschichten gängige Bewerbungen um ein Teststricken sind. Werden solche Kommentatoren am Ende nicht als Tester ausgewählt, gibt es häufig große Beschwerden: Der Designer hätte nur die Followerzahlen der Tester im Blick und würde sowieso immer dieselben Leute auswählen. Um diese Vorwürfe ein wenig aufzuklären und dir zu helfen, bei einem Probestrickaufruf wirklich von dir zu überzeugen und deine Chancen zu erhöhen, ausgewählt zu werden, ist dieser Beitrag entstanden. Ich hoffe, dass er vielen hilft und vielleicht ein bisschen Verständnis für Designer einbringt.
Warum werden Probestrickrunden durchgeführt?
Probestrickrunden sind erst einmal von sogenannten Modellstricks zu unterscheiden. Bei einem Probestricken möchte ein Designer seine Anleitung perfektionieren, Fehler ausmerzen, Rückmeldungen zur Verständlichkeit erhalten. Im Testprozess wird die Anleitung unter Umständen mehrfach überarbeitet, bis am Ende alle – oder zumindest der Designer – zufrieden sind.
Eigentlich ist das Teststricken eine Alternative zur technischen Redaktion. Hier würde eine geübte Person lediglich theoretisch die Anleitung überprüfen, nachrechnen, korrigieren. Eine Technische Redaktion ist im deutschen Sprachraum unter lediglich online publizierenden Designern noch ziemlich unüblich. Sie kann ein Teststricken auch nicht ersetzen, wenn der Designer sein Modell mit unterschiedlichen Garnen, Farben und an unterschiedlichen Personen getragen, sehen möchte. Auch kann eine technische Redaktion unter Umständen nicht sicherstellen, ob die Anleitung auch für verschiedene Niveaus – Anfänger oder eher Fortgeschrittener? – geeignet ist. Deshalb setzen die meisten kleinen Designlabel auf Teststricken.
Du hast Interesse an einer technischen Redaktion deiner Anleitungen? Ich biete dir diesen Service gern an und beantworte Anfragen dazu gern per Mail über info@carosfummeley.de
Für die Mütze „Trena“ hatte ich ganz viele tolle Teststrickerinnen, die mir super Tragefotos gemacht haben. Auf dem Foto hier bin aber ausnahmsweise mal ich selbst zu sehen. |
Was erwarten Designer? Was erwartest Du?
Du erhältst vom Designer die vorläufige Anleitung zum Testen und in aller Regel auch das fertige Exemplar am Ende. Einige Designer (das hängt wieder von den finanziellen Mitteln ab) stellen Garn zur Verfügung, Bedanken sich am Ende mit Gutscheincodes für weitere Anleitungen, nennen die TesterInnen auf ihren Social-Media-Kanälen und Internetseiten oder geben Gutscheincodes zum Verlosen heraus. Anders als beim Modellstricken kannst du dein fertiges Teil am Ende behalten und damit machen was du willst. Und zu guter letzt: Der ewige Dank des Designers ist dir sicher! Als kleiner Anleitungsschreiberling ist man auf zuverlässige Tester angewiesen. Du opferst uns deine Zeit, indem du strickst, hilfst, eventuell ribbelst; du nutzt in der Regel Garn, dass du selbst gekauft hast; dir ist es zu verdanken, dass wir alle unsere Designs auch in verschiedenen Farben zeigen können! Danke!
Wie sollte die perfekte Bewerbung aussehen?
Nun gehts ans Eingemachte: Ich verrate dir hier, was ich von einer aussagekräftigen Bewerbung erwarte und wie du sie gestalten kannst. Andere Designer werden da eventuell abweichende Vorstellungen haben, aber das liegt ja in der Natur der Sache. Trotzdem hoffe ich, dass die nachfolgende Auflistung hilfreich ist und dir zu mehr Teststrick-Zusagen verhilft:
1. Anrede & Begrüßung
Ob „Hallo Caro!“, „Liebe Caroline…“, „Guten Morgen!“ oder „Hey Fummlerin!“ ist eigentlich ganz egal. Aber irgendeine Art von Begrüßung wäre schon schön. In Zeiten kurzer, knapper, digitaler Kommunikation fällt es bereits positiv auf, wenn an dieser Stelle nicht gespart wird.
2. Stell‘ dich vor!
Wer bist du? Die klassischen: Name, Alter, Wohnort, Schuhgröße reichen völlig aus. Du brauchst nicht deine ganze Lebensgeschichte erzählen. Und das mit der Schuhgröße ist natürlich auch nur relevant, wenn du Socken teststricken möchtest. Kleiner Scherz am Rande 😉
3. Kläre über deinen Kenntnisstand auf!
Beantworte diesen Punkt bitte hinsichtlich des konkreten Tests: Es ist hier irrelevant zu wissen, dass du schon mal eine Sternchenspitze an Socken gestrickt hast, wenn es um den Test eines einfachen Dreiecktuchs geht. Bitte sei an dieser Stelle ehrlich! Oft suchen Designer nach einer gut durchmischten Testergruppe und es bringt nichts, sich selbst zu überschätzen. Ich selbst habe z.B. noch nie Brioche gestrickt, werde aber bald ein solches Modell testen.
4. Warum willst du genau das Design testen?
Was gefällt dir an dem Design? Magst du Muster, Farben, Form? Oder siehst du es als Herausforderung, eine neue Technik zu probieren? Ist das fertige Teil vielleicht genau das richtige Geschenk für deine beste Freundin? Lass es den Designer wissen!
5. Social Media Kanäle und Blog
Auf diesen Kanälen kann sich der Designer ein erstes Bild von deinen Strickstücken machen, sich deine Fotos anschauen, deinen Stil beschnuppern und eventuell auch einen Blick auf deine Follower werfen. Ja, so ein Teststrick hat im besten Fall auch immer einen Werbeeffekt für den Designer. Das zu bestreiten wäre klar gelogen. Trotzdem ist das nicht der Hauptaspekt: das A und O sind gute Fotos…
6. Fotos?
Du brauchst keine super tolle Kamera. Eine gute Handykamera reicht absolut aus! Ich selbst nutze meine Systemkamera Olympus E-MD 10 Mark II, mit der ich auch meine Fotos für den Blog mache. Die Kamera selbst ist super, aber für einen Teststrick unnötig. Wenn du ein gutes Handy hast, kannst du damit tolle Fotos machen, aber auch hier gibt es einiges zu beachten. Die folgenden Tipps beziehen sich nicht nur auf dein Bewerbungsfoto, sondern auch auf die Fotos, die du später im Teststricken für den Designer erstellst:
Licht! Licht! Licht
Der mit Abstand wichtigste Faktor ist das Licht. Fotografiere am besten bei diffusem Tageslicht. Also z.B. einem wolkigen Sommertag. Direkte Sonne ist zu hart und wirft sehr starke Schatten. Im Idealfall fotografierst du außerhalb eines geschlossenen Raumes unter freiem Himmel, vor einem nicht zu aufregenden Hintergrund.
Bildausschnitt
Das Strickteil sollte im Mittelpunkt stehen. Es geht hier nicht um deine Körperhaltung, ein besonderes Posing oder den schönen Wald im Hintergrund.
Tragefotos
Ein lieblos auf den Boden gelegtes Strickstück ist nicht sonderlich ansprechend. Wenn es sich um ein Kleidungsstück handelt, dann trage es! Einen Schal oder ein Tuch kannst du auch schön auf dem Boden oder um einen Gegenstand drappieren. Sei kreativ!
7. Fragen des Designers beantworten!
Ich nenne diesen Punkt hier zum Schluss, dabei ist er aber fast am wichtigsten: Beantworte penibel alle Fragen und Punkte, die der Designer in seinem Teststrick-Aufruf nennt. Es ist unglaublich frustrierend, nach bisheriger Strickerfahrung und Fotos zu fragen und als Bewerbung ein schlichtes „Ich würde mich sehr freuen für dich zu testen!!!‘ zu erhalten.
Weitere Tipps, die optional sind, aber helfen können
- Du hast kein Instagram oder Facebook? Der Designer kann sich also kein Bild darüber machen, wie deine Farbzusammenstellungen in der Regel aussehen, welche Qualität deine Fotos haben? Dann denk doch drüber nach, ein kleines Onlinefotoalbum zu erstellen. Du musst es nur selten pflegen und kannst dem Designer, neben einem einzelnen Bild, einen Link zu diesem Fotoalbum hinterlassen.
- Informiere dich vor der Bewerbung über den Designer. Welche Farbvorlieben hat er/sie? Welchen Stil haben die Fotos? Davon kannst du abhängig machen, mit welchem Foto du dich für das Teststricken bewerben willst.
- Wenn der Designer um Kommentare unter dem Teststrickaufruf als Bewerbung bittet, dann verzichte bitte darauf, ihm oder ihr auch noch eMails und Privatnachrichten auf allen möglichen Plattformen zu senden. Die meisten Strickdesigner haben auch noch einen Hauptjob und selbst wenn nicht ist es ein riesiger, unfairer Mehraufwand, den du ihnen damit aufbrummst. Ein vernünftiger Kommentar unter dem entsprechenden Beitrag reicht völlig aus.
- In der Regel starten Teststrickaufrufe auf Facebook, da sich Teststricks in den dort möglichen Gruppen einfach am besten umsetzen lassen. Bitte achte darauf, dass du dich unter dem Originalbeitrag des Designers bewirbst. In der Regel ist es der Beitrag direkt auf der Facebook-Seite des jeweiligen Designers. Wenn irgenwo über dem Bild des Teststrickaufrufs ein „geteilt“ oder „teilt“ steht, bist du nicht im richtigen Beitrag. Klicke dann auf das als Link markierte Wort „Beitrag“ über dem Bild. Nun wirst du zum Originalbeitrag weitergeleitet und kannst dort kommentieren. Wenn der Designer den Aufruf in mehrere Gruppen teilt, wird er am Ende kaum noch eine Übersicht darüber behalten, wer sich wo beworben hat. Mache es ihm leicht und für alle fair und übersichtlich, indem du unter dem Originalbeitrag kommentierst.
Ich hoffe, dass dir diese kleine Aufzählung geholfen hat. Wenn du dir diesen Artikel merken möchtest, um ihn vor deiner nächsten Teststrick-Bewerbung noch einmal zu lesen, dann habe ich hier zwei Pinterest-Bilder für dich, die du dir auf deinen Boards speichern kannst:
Liebe Caro,
Vielen Dank für diesen hilfreichen und sehr ausführlichen Beitrag. Ich habe mich bisher noch nicht als Teststrickerin beworben, habe damit aber sehr geliebäugelt, wenn ich einen Aufruf gesehen habe; war nur zu verunsichert. Dank diesen Beitrags kann ich das nun ändern und mich mutig an sowas wagen. Vielen Dank dafür!
Autor
Freut mich, dass dir der Beitrag geholfen hat. Hoffentlich kannst du das Wissen bald gut nutzen 🙂
Hallo, ich bin durch Zufall auf diese Seite gestoßen.
Mein Name ist Gisela, bin pensionierte Sprachlehrerin und Stricken und Häkeln sind 2 meiner Leidenschaften. In der Schule konnte ich dem zunächst überhaupt kein Intetesse abringen obwohl meine Mutter und meine Oma, meiner Meinung nach, wahre Ecpertinnen waren. Erst als ich selbst Mutter entdeckte ich meine Neigung zum Handarbeiten. Anfangs mit mäßigem Erfolg aber ich ergab mich nicht. Heute kann ich sagen, dass ich mich mit keiner anderen Tätigkeit so entspannen kann wie mit dieser Handarbeit.
Daher möchte ich Anfragen, ob Bewerbungen noch angenommen werden?
Ich stricke und häkele nicht nur für die Familie sondern auch auf Anfrage. Gerne werde ich Ihnen einige Fotos zusenden, um Ihre Meinung zu hören.
In Erwartung einer positiven Antwort verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Gisela Grünert
Autor
Hallo Gisela,
vielen Dank für deinen Kommentar! Aktuell suche ich keine Teststrickerinnen, weil es gerade kein zu testendes Projekt gibt. Wenn das wieder der Fall ist, kommuniziere ich das über meine Wollige Infopost. Du kannst dich gern dort anmelden und mir schreiben, wenn ich wieder jemanden suche. https://app.convertkit.com/landing_pages/168741?v=7
Liebe Grüße
Caro
Liebe Caro, vielen Dank für Deinen Beitrag, den ich sehr interessant finde.
Ich merke mir diesen Beitrag, und werde mich daran halten, wenn ich mich auf eine Deiner Suche nach TeststrickerInnen dann bewerbe.
Danke für diese wertvollen Tipps!
Viele Grüße, Carole